William Shakespeare's TWELFTH NIGHT

Kölner Stadtanzeiger vom 09. Juli 2009

Im Netz des Begehrens

Von Sophia Sabrow

 

Shakespeares Komödie „Twelfth Night“ (deutscher Titel: „Was Ihr wollt“) in der Originalsprache des frühen 17. Jahrhunderts - eine echte Herausforderung. Doch schon wenige Minuten, nachdem die Schauspieler der Theatergruppe „Port in Air“ die Bühne betreten haben, ist jede Sorge verflogen. Mit einer wunderbar atmosphärischen Inszenierung gelingt es Regisseur Richard Aczel, seine Zuschauer im Ehrenfelder Artheater zu packen und sie mitzunehmen in eine Welt voller Verstrickungen, Widersprüche und Sehnsüchte.

 

Bei der Gruppe „Port in Air“ handelt es sich um ein Studentenensemble, das 2004 am Englischen Seminar der Universität zu Köln entstand. Richard Aczel, Dozent, Regisseur und Autor in einem, schrieb und inszenierte bereits drei erfolgreiche Stücke mit dem Ensemble, die auch auf Theaterfestivals in Edinburgh und Mazedonien aufgeführt wurden.

 

In „Twelfth Night“ sind die Figuren in ein kompliziertes Beziehungsgeflecht verwickelt: Nach einem Schiffsunglück nahe der Küste Illyriens tritt Viola in die Dienste des Herzogs Orsino, der unsterblich in die Gräfin Olivia verliebt ist. Diese aber erwidert mitnichten die herzoglichen Gefühle und findet ihrerseits Gefallen an Viola, die sich als Mann ausgibt. Gefangen im Netz ihres Begehrens, schrecken die Charaktere doch immer wieder vor der Erfüllung ihrer Wünsche zurück. Schnell wechselt das Objekt der Begierde, nicht dieses steht im Vordergrund, sondern das Wollen selbst. Musikeinlagen aus unterschiedlichen Zeiten und Genres, von Klassik bis zu den französischen House-Musiker Daft Punk, eindrucksvoller Tanz, Gesang und ausdrucksvolle Sprache reißen den Zuschauer mit in den Takt des Getrieben-Seins, in den Widerspruch von Sehnsucht und Erfüllung.

 

Für Aczel, der auch schon mit Profischauspielern gearbeitet hat, ist die Arbeit mit der Studententruppe ein besonderes Erlebnis. „Die Gruppe ist mit großer Begeisterung und Energie bei der Sache. Sie machen einfach alles mit“, erzählt der Regisseur begeistert. Da verwundert es kaum, dass nicht wenige der Studenten durch die Mitarbeit bei „Port in Air“ ihre Leidenschaft für Schauspiel oder Regie entdeckt haben und später professionell in diesem Bereich arbeiten möchten. Als „unglaublichen Erfahrungsschatz“ bezeichnet Samuel Horn die Mitwirkung bei „Port in Air“. Der 29-Jährige, der in Ehrenfeld wohnt, will Dramatiker werden und hat bereits ein eigenes Stück inszeniert: „Ohne »Port in Air« wäre ich nie so weit gekommen, da machte es auch nichts, wenn ich mal im Studium kürzer treten musste.“

 

In „Twelfth Night“ verkörpert Horn die Rolle des ungeliebten Verwalters Malvolio, dem seine Hofkollegen einen üblen Streich spielen. Eindrucksvoll schildert sein Spiel die Mischung aus spießigem Rechtsgehorsam, mit dem der Verwalter zu höherem Ruhm strebt, und der eigenen Leidenschaft, mit der er zunächst der Gräfin und später der Zofe Maria nachstellt. Es ist eine interessante Inszenierung, die auch dem ungeübten Theaterbesucher diese Komödie Shakespeares auf eindrucksvolle Weise näher bringt und die Frage, in welcher Sprache gespielt wird, ganz in den Hintergrund treten lässt.


Kölnische Rundschau vom 01. Juli 2009

Im Taumel der zwölften Nacht

Von Barbro Schuchardt

 

In Illyrien ist es heiß, laut und ungemütlich. Kein Baum, nirgends. Nur Stühle als "Spielzeug" - ein Sehnsuchtsort sieht anders aus [...] ein Pandämonium der Irrungen, Wirrungen, Liebeshändel und Intrigen [...].

 

Richard Aczel treibt Shakespeares Komödie jeden Gedanken an eine höfische Idylle gründlich aus [...] Seine elf Akteure [...] entfesseln auf der kahlen Bühne einen schrillen Hexensabbat [...] mit derben Späßen, einen wüsten [...] (Alp)traum um die Frage aller Fragen "What is love?" [...]

 

Indem Aczel alle theatralischen Mittel von der Pantomime bis zu [...] zirzensischen Spielereien choreografisch einsetzt, drängt er seine Akteure mitunter an den Rand der Hysterie [...].

 

Da werden harmlose Stapelstühle zu akrobatischen Requisiten, während die Vorstellung vom Niemandsland "Illyrien" im Kopf des Zuschauers abzulaufen hat - gute Englischkenntnisse beflügeln dabei entschieden die Fantasie.

 

Aczel spielt witzig mit den Verdopplungen des Sujets, lässt die rüpeligen Junker wie Clowns durch die Szene taumeln und bietet mit [...] Samuel Horn im Hausmeister-Krause-Kittel einen wunderbar selbstironischen Malvolio auf. Ein mitreißender Sommernachtstraum, auch wenn die "zwölfte Nacht" zu Shakespeares Zeit die Weihnachtszeit beendete.